Reform der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Freudenberg

Seelbachsecke, Arnsbacher Weg und jetzt Berggarten. Die Liste der Straßen, die ausgebaut werden müssen und die für die Anwohner zu große finanzielle Belastungen bedeuten, wird länger. Die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung zugunsten einer weiteren Grundsteuererhöhung ist politisch wohl kaum durchsetzbar. Die Einführung wiederkehrender Beiträge wie in Rheinland-Pfalz scheitert (noch) an der aktuellen NRW-Gesetzgebung. Höchste Zeit, eine (vorläufige) Lösung in Freudenberg selbst zu suchen und die Straßenausbaubeitragssatzung zwar nicht abzuschaffen, aber einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Wenn ich die Freudenberger Satzung mit der NRW-Mustersatzung vergleiche, erkenne ich die folgenden Stellschrauben, die zur Entlastung der Anlieger dienen können:

  1. Zu § 2 Umfang und Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes: Statt jeden Straßenabschnitt gesondert abzurechnen und somit die ggf. hohen Kosten auf wenige Schultern zu verteilen, sollten immer ganze Straßen oder  – noch besser – Wohngebiete für die Beiträge herangezogen werden. Das reduziert den Beitrag je Haushalt deutlich und kommt dem Prinzip des wiederkehrenden Beitrags nahe. Quelle: Seite 1 von  Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung Wiederkehrender Straßenausbaubeiträge
  2. Zu § 3 Absatz 3 Anteil der Beitragspflichtigen: Aufgrund des bis zur letzten Grundsteuererhöhung geltenden Haushaltssicherungskonzepts war die Stadt dazu verpflichtet, für alle Straßenarten die jeweiligen Höchstsätze zu veranschlagen. Die jetzt geltende Nachhaltigkeitssatzung besagt, dass die Stadt sich freiwillig dazu verpflichtet, das Haushaltssicherungskonzept weiterhin anzuwenden, solange die Grundsteuer B um mehr als 25 % über dem NRW-Durchschnitt des Vorvorjahres liegt. Momentan ist das noch der Fall: 650 % in Freudenberg stehen einem 2013er Landes-Durchschnitt von 454 % gegenüber. Steigt der durchschnittliche Hebesatz auf min. 520 % oder sinkt die Freudenberger Grundsteuer B auf max. 567 %, besteht Spielraum in der Bestimmung der Anliegeranteile an den Straßenausbaukosten. Da davon auszugehen ist, dass der durchschnittliche Grundsteuer-Hebesatz in NRW mindestens noch leicht ansteigen wird, rechne ich damit, dass 2020 das Haushaltssicherungskonzept verlassen werden kann, sofern die heutige Prognose des Kämmerers zutrifft, wonach der Hebesatz in Freudenberg dann 577 % betragen wird. Für Anliegerstraßen zum Beispiel könnte dann der Anwohnerbeitrag von 80 auf 50 % reduziert werden.
  3. Weiterhin zu § 3 Absatz 3 Anteil der Beitragspflichtigen: Wirtschaftswege werden von der Beitragspflicht bislang nicht erfasst, obwohl die Mustersatzung dies vorsieht. Belässt die Gemeinde derartige Anlagen im Wirtschaftswegerecht, so kann sich eine Aufwandsverteilung durch Bildung zweier Kategorien als zweckmäßig erweisen:
    • Anliegerwirtschaftsweg, der überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder der durch private Zuwegung damit verbundenen Grundstücke dient – Anteil 50 bis 80 %.
    • Hauptwirtschaftsweg, der neben der Erschließung von Grundstücken auch dem Verkehr innerhalb des Außenbereichs dient – Anteil 30 bis 60 %.
    • Gegebenenfalls ist dies die Lösung, um offiziell noch nicht erschlossene Straßen, die schon seit Jahrzehnten genutzt und bewohnt sind, nicht nach Baugesetzbuch (BauGB), sondern als Wirtschaftswege im Sinne des Kommunalabgabengesetzes (KAG) abzurechnen, was die finanzielle Belastung der Anwohner mildert, z. B. im zweiten Abschnitt des Arnsbacher Weges oder im Eicher Hang. So fielen heute statt 90 % Erschließungsbeitrag nur 80 % Ausbaubeitrag an und ab 2020 ggf. noch weniger (siehe 2.).
  4. Zu § 3 Absatz 9: Hier gilt für Freudenberg schon heute: „Für Anlagen oder deren Teilanlagen, bei denen die festgesetzten anrechenbaren Breiten oder Anteile der Beitragspflichtigen offensichtlich nicht zutreffen, bestimmt der Rat durch Satzung im Einzelfall die anrechenbaren Breiten und Anteile der Beitragspflichtigen.“ Bedeutet: Ist die Straße schmaler als nach Standard, kann eine Einzelsatzung beschlossen werden, die einen niedrigeren Beitragssatz vorsieht. Im Fall der Straße „Am Berggarten“ ist dies eine Möglichkeit, von den normalen Beitragssätzen abzuweichen, um die finanzielle Belastung der Anlieger abzufedern.
  5. Zu § 4 Absatz 7 Verteilung des umlagefähigen Aufwandes: Die Mustersatzung sieht für gewerblich genutzte Grundstücke einen Aufschlag von 50 % vor, in Freudenberg sind es nur 30 %. Die Mehreinnahmen können die Mindereinnahmen aus Beiträgen von Privatgrundstücken (zum Teil) auffangen.
  6. Zu § 4 Absatz 8 Eckgrundstückrabatt: Zunächst einmal ist positiv anzumerken, dass es den Eckgrundstückrabatt in Freudenberg überhaupt gibt. In der Mustersatzung kommt er gar nicht vor. Doch auch diese Regelung kann noch sozialverträglicher ausgestaltet sein. Momentan sind 20 % Rabatt vorgesehen, nicht viel, wenn man bedenkt, dass man als Eigentümer eines Eckgrundstücks den Ausbau zweier Straßen mitfinanzieren muss und man somit zusammen 160 % dessen zahlt, was andere zahlen. Mein Vorschlag: Eckgrundstück-Eigentümer sollten 33 % Rabatt erhalten.
  7. Zu § 8 Vorausleistungen: „Sobald mit der Durchführung der Maßnahme begonnen worden ist, kann die Gemeinde Vorausleistungen bis zur Höhe des voraussichtlichen Beitrages erheben.“ Das Wort „kann“ gibt der Stadt die Möglichkeit, den Anliegern ausreichend Zeit zu lassen, um in Ruhe die Finanzierung zu klären, bevor die Zahlung fällig wird.
  8. Zu § 10 Stundung, Niederschlagung, Erlass: Laut § 14 der Hauptsatzung kann der Bürgermeister bis zu 10.000 € stunden, niederschlagen oder erlassen. Hiermit könnten Härten vermieden werden, die z. B. entstehen, wenn jemand ein sehr großes Grundstück hat.

Dies ist eine Auswahl an möglichen Änderungen der Satzung und an bestehenden Inhalten, die zugunsten der Anlieger angewandt werden können. Diese und weitere Anmerkungen und Erläuterungen zum Unterschied zwischen Freudenbergs Straßenausbaubeitragssatzung und der Mustersatzung des Landes NRW finden Sie in der von mir kommentierten Fassung:

Kommentierte Fassung der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Freudenberg

Schlusswort: Die von mir vorgeschlagene Reform der Straßenausbau-beitragssatzung stellt eine finanzielle Belastung für die Stadt dar und trägt somit nicht dazu bei, die Grundsteuer B wieder senken zu können. Doch die Sozialverträglichkeit der Straßenausbaukosten hat für mich einen hohen Wert. Eine relativ hohe Grundsteuer ist mir lieber als eine Anliegergebühr, die existenzgefährend werden kann. Die Solidarität der Freudenberger ist hier gefragt. Mag sein, dass mancher das erst nachvollziehen kann, wenn er selbst mit seiner Straße an der Reihe ist, doch dann ist es zum Protestieren zu spät. 

Eine Antwort zu „Reform der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Freudenberg”.

  1. […] Reform der Straßenau… zu Straße Am Berggarten braucht s… […]

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